Saisonspiele 2023/24

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596 Tage ungeschlagen

Wölfe verlieren starkes Spiel im Gurkenland

hsc mtv team

von Conrad Hipp

Die Wünsdorfer Wölfe haben nach 596 Tagen mal wieder ein Punktspiel verloren und gehen erstmals seit 31 Ligaspielen ohne Zählbares nach Hause. Der MTV verliert beim HC Spreewald II nach einem starken, aber teilweise extrem unglücklichen Auftritt mit 17:18 und kassiert damit die erste Niederlage seit März 2016.

wehlmann mobile„irgendwann musste es ja mal passieren“, sagt Trainer Matthias Wehlmann mit einem leichten Schmunzeln. Der Coach musste sich am 478. Tag seiner Amtszeit beim MTV nach 22 Siegen und zwei Unentschieden seine erste Niederlage in seinen Lebenslauf eintragen lassen. Dabei war der Coach überhaupt nicht unzufrieden, obwohl er eine Niederlage sah, die (mal wieder) vermeidbar war.

Vor dem Anpfiff versammeln sich die Wölfe auf dem Feld zu einem Kreis. Der Trainer gestikuliert, spricht intensiv auf die Mannschaft ein. In den Blicken erkennt man Anspannung und eine hohe Aufmerksamkeit. Der Coach nutzt auch während des Spiels den großzügigen Platz im „Blauen Wunder“ von Lübben und geht hinter der Ersatzbank auf und ab. Was er sieht, grenzt über die 60 Minuten an Reizüberflutung fürs Auge des Beobachters.

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Ins Spiel: Es dauert etwa 100 Sekunden bis der erste Treffer fällt. Nils Seegebrecht platziert einen Aufsetzer in Super-Slow-Motion in die Mitte des Tores. Den muss man nicht halten, sollte man aber. 1:0 für den MTV (2.). Danach taucht das Schiedsrichtergespann Daniel Bree und Rene Knothe die Halle und ihre Smartphones am Handgelenk erst einmal in Gelb. Stolze fünf Verwarnungen werden bis zur 12. Minute ausgesprochen. Eine weniger, als es Tore gab, obwohl die Partie alles andere als hart beginnt.

hcs.langeDie Wölfe ackern, zeigen eine richtige Reaktion auf das unterirdische Spiel gegen Friedland in der Vorwoche. „Ich kann der Mannschaft moralisch nur ein Kompliment machen, wie sie heute aufgetreten ist“, sagt Wehlmann. Denn: Der MTV spielt mit Aufmerksamkeit und Respekt – zwei Eigenschaften, die zuletzt fehlten. Dennoch fehlt im Abschluss die Durchschlagskraft. Zu viele Würfe landen an den Fingern von HC-Keeper Marc-Maurice Gruna, den die Wünsdorfer in dieser Phase berühmt werfen. Eine zu schwache Wurfquote hindert das Wolfsrudel vor der Führung. Aber auch der HCS bekommt trotz nur dreier Gegentore in 16 Minuten keine Vorentscheidung aus dem Ofen geholt. Der MTV steht in der Abwehr stabil und eben mit der nötigen Konsequenz, die bei diesem schwierigen Auswärtsspiel sein muss.

Nach dem Spreewalds Christian Piehl die sechste Gelbe des Nachmittags sieht, wird aufgeräumt. Ronny Lange lässt sich nach einer Fehlentscheidung im Angriff beim Umschalten auf eine dumme Aktion ein, macht den Gegner schnell fest, aber eben mit einer Portion Übermotivation. Zwei Minuten – völlig gerecht. 18 Sekunden danach fliegt Dirk Becker vom Feld, doppelte Unterzahl. Jecke mit einem selbstbewussten Heber von der Siebenmeterlinie über Nils Barsch – 6:3 (15.).

Danach spielen die Wölfe in doppelter Überzahl, können diese nutzen, um von 7:4 auf 7:6 zu verkürzen, besser wird es danach aber nicht. Im Gegenteil! Neben dem Feld wird es hitzig. Beide Seiten fragen auffällig oft beim Schiedsrichter nach, was der eben zu verlautende Pfiff zu bedeuten hat.

lange mobileHöhepunkt: Kurz vor der Pause spaziert ein HCS-Anhänger hinter der Wölfe-Bank entlang, bepöbelt die Schiedsrichter. Diese unterbrechen, weisen einen Ordner an, den Mann aus der Halle zu begleiten. Seine Antwort: „Ich bin selbst ein Ordner, du ...“. Dumm gelaufen, dass er selbst raus muss und die Wölfe-Bank unbestraft bleibt. Eine mehr als unnötige Aktion, die allerdings nur den Frust vieler Zuschauer, Spieler und Betreuer widerspiegelt. Man möchte die Aktion nicht schönreden, aber der Spaziergänger sprach lediglich aus, was wohl 80% der Spieler, Betreuer und Zuschauer in der Halle zu denken vermochten.  Das Schiedsrichtergespann wirkt auf den ersten Blick mit ihren Smartphones am Handgelenk und komplett ohne Kugelschreiber und Zettel zwar modern. Sobald es in die Bewertung diverser Einzelsituationen geht, sind die beiden „Technicks“ jedoch völlig überfordert – und zwar auf beiden Seiten.

Halbzeitstand: HC Spreewald II – Wünsdorfer Wölfe 9:7

Beim Stand von 9:7 werden die Seiten gewechselt – richtig: 9:7! Die Wölfe werfen in der Kabine die Fritteuse an. Alle mal reinspringen, 30 Sekunden baden und ab die Fritte. Zweiter Durchgang: Nick Stenzel trifft zum 10:9 (32.), macht danach das 11:10 (36.) und Jan-Eike Albrecht legt mit dem 12:11 (36.) nach. Die Wölfe machen klar – Freunde der Sonne: Auch wenn wir vergangene Woche scheiße gespielt haben, bringen wir die Punkte heute nicht mit Blumenstrauß. Sven Neuendorf trifft per Siebenmeter zum 12:12 und der Tanz ist eröffnet (39.). Chris Guhrenz und Justin Rackwitz fliegen erst einmal für zwei Minuten vom Feld, die Smartphone-User in Grün müssen zunächst mal wieder für Übersicht sorgen.

hcs becksEs ist leider ein leidiges Thema. Eine volle Halle, ein spannendes Spiel und die Schiedsrichter möchten diese Plattform partout nicht dafür preisgeben, allein den Spielern den Mittelpunkt dieser Aufmerksamkeit zu überlassen. Gerade in dieser spielentscheidenden und extrem spannenden Phase erweitern die Unparteiischen die Interpretation der Regel ums passive Spiel bis ins Uralgebirge. Auf der einen Seite wird der Arm gehoben und danach werden noch drei Fehlwürfe und vier Pässe zugelassen. Auf der anderen Seite wird nach fünf Pässen bereits die rechte Achsel gelüftet. 

Die Kombination, etwa 90 % aller 50:50-Entscheidungen gegen sich gepfiffen zu bekommen und dazu einige Wurfchancen, die einfach nicht bis zum Tor konsequent genug abgeschlossen werden, stellen den MTV vor eine schwere Bergwanderung im Schlussviertel.

hcs stenzelAls Steven Schnitzer zum 17:15 trifft haben die Wölfe noch neun Minuten, um in dieser Partie irgendwas Zählbares mitzunehmen. Was passiert? Dirk Becker wird für zwei Minuten runter gestellt. Die Heim-Fans freuen sich, weil ein ungeliebter Dauergast bestraft wird, wissen aber selber nicht, warum eigentlich. Danach passiert vier Minuten lang nichts. Dann bekommt Tim Becker zwei Minuten, weil er von der Bank aufsteht und seinem eigenen Torhüter den Ball zum Abwurf zuwirft. Im Nachhinein geben die Schiedsrichter sogar offen zu, dass sie diese Entscheidung gerne nicht getroffen hätten. Da aber das Fingerspitzengefühl in den 56 Minuten zuvor dem eines Monstertrucks glich, wird es auch in dieser Szene nicht unbedingt samtiger.

Der HCS führt und spielt nun die Uhr runter. Wohlwissend, dass die Schiedsrichter am heutigen Tage doch extrem großzügig sind, wenn ein passives Spiel gegen die Heimmannschaft zur Diskussion steht. Der Arm geht hoch, Pass, Pass, Pass, Pass, Pass, Pass, Fehlwurf, Abpfeifen und noch drei bis sieben Pässe zulassen. Auch wenn man im Fußball den Videobeweis als Fortschritt ansieht, sind Schiedsrichter mit ihren Smartphones am Handgelenk heute kein technischer Fortschritt. Apps gibt’s ebend nicht für alles.

Auch als die Wölfe in der Schlussphase ab der Mittellinie decken, darf sich die „Gurkentruppe“ im eigenen Feld den Ball von kreuz auf quer spielen ohne Druck aufs Tor – völlig trivial! So oder so, es reicht an diesem Tage nicht für die Wölfe. So ungerecht kann Handball sein. Hätte der MTV in der Vorwoche für die Vorstellung gegen Friedland eine Niederlage mehr als verdient gehabt, wäre im Spreewald ein Punkt das Mindestmaß an Belohnung für die entsprechende Reaktion gewesen.

So verliert der MTV Wünsdorf nach 596 Tagen mal wieder ein Punktspiel und nun heißt der letzte Gegner, der die Wölfe bezwang, eben nicht mehr Empor Dahme. „Die Jungs haben trotzdem eine anständige Reaktion auf das Spiel in der Vorwoche gezeigt. Wir hatten hier heute ein paar Fehlwürfe zu viel, die uns am Ende den Sieg gekostet haben“, sagt Wehlmann. Auf und ab – die Wölfe haben einen turbulenten Start in der Verbandsliga hinter sich. Zeit, etwas Rasen zu säen, bevor es erst am 4. November daheim gegen den Tabellenführer SC Trebbin weiter geht.

Fotos: Julia Ehmig

HC Spreewald II – Wünsdorfer Wölfe 18:17 (9:7)
Die Zahlen zum Spiel

HC Spreewald II: Gruna (0/1 gehalten), Knappe – Würfel 5, Jecke 4 (4/4), Schnitzer 3, Schwebel 3, Guhrenz 2, Freimann 1, Dommaschk, Muschick, Piehl, Dümke, Manig
MTV Wünsdorf 1910: Barsch (0/2 gehalten), Kersten (0/1 gehalten), Hirsing (0/1 gehalten) – Stenzel 4, Albrecht 4, N. Seegebrecht 3, Neuendorf 3 (1/1), D. Becker 2, Lange 1, J. Rackwitz, Hawaleschka, Wendland, Baumann, T. Becker
Schiedsrichter: Daniel Bree / René Knothe – konsequent überfordert! Leiteten die Partie völlig unausgeglichen, bewerteten gerade beim passiven Spiel mit zweierlei Maß und griffen so massiv ins Spielgeschehen ein. Weniger Smartphone ist manchmal mehr!

Gelbe Karten: Würfel, Manig, Piehl, Burisch (Betreuer) – J. Rackwitz, Baumann, N. Seegebrecht
Rote Karten: 
Blaue Karten: 
Zeitstrafen: 3:7 (Guhrenz, Schwebel, Freimann – 2x Rackwitz, 2x D. Becker, T. Becker, Lange, N. Seegebrecht)

Siebenmeter: 4/4 (100%) – 1/1 (100%)
Wurfquote: 18/42 (42,86 %) – 17/42 (40,48%)

 

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